Offener Brief von internationalen Umwelt- und Klimaschutzorganisationen zur KfW-Finanzierung von Holzenergie in Serbien

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Holzeinschlage in Tornička Bobija, Serbien, Foto: Yahti⁄Flickr

Klicken Sie hier, um den formattierten Brief mit der Liste von 41 Organisationen, die den Brief unterzeichnet haben, zu lesen

29.7.2024

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Giegold,


wir schreiben Ihnen, als Aufsichtsratsvorsitzender der KfW, im Namen von Umweltorganisationen der westlichen Balkanregion, Deutschlands und aus ganz Europa, um unsere ernste Besorgnis über das KfW-Projekt “Programm für erneuerbare Energien in Südosteuropa – Entwicklung eines Biomassemarktes in Serbien” auszudrücken.

Wir fordern die KfW auf, das Projekt und alle Finanzierungen für Holzbiomasse-Energie in Serbien auszusetzen und die Unterstützung für Serbien auf Energieeffizienz- und Energiesparmaßnahmen sowie auf Wind-, Solar- und geothermische Energie umzulenken, diedie Natur und die öffentliche Gesundheit schützen. Wir bitten Sie außerdem, die Einzelheiten der jüngsten Vereinbarung zu veröffentlichen, die Ihre Bank und die serbische Regierung im Zusammenhang mit diesem Projekt unterzeichnet haben.

Im Rahmen des KfW-Projekts wurden bereits vier Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) mit jeweils einem Holzkessel und einem größeren Kessel für fossile Brennstoffe gebaut. Berichten zufolge hat die KfW mit der serbischen Regierung Verträge über weitereDarlehen in Höhe von 9,9 Mio. EUR für neue Holz-Biomasse-Fernwärmeanlagen unterzeichnet. Die vollständigen Einzelheiten der Vereinbarung von 2024 über die zweite Phase dieses Projekts sind noch nicht veröffentlicht worden.

Die KfW-Förderung für Holz-Bioenergie in Serbien wird aus Mitteln des BMZ finanziert, um die
Treibhausgasemissionen zu verringern und einen gerechten Übergang zu unterstützen. In Wirklichkeit wird Serbien durch das KfW- “Programm für erneuerbare Energien in Südosteuropa – Entwicklung eines Biomassemarktes in Serbien” an eine längerfristige Abhängigkeit von
kohlenstoffreicher Energie gebunden. Diese Vereinbarung stellt eine erhebliche Bedrohung für die serbischen Wälder und die vielen Tiere, Pflanzen und Pilze dar, die von ihnen abhängen, außerdem wird die hohe Luftverschmutzung aufrechterhalten bzw. sogar erhöht.

In diesem Schreiben konzentrieren wir uns in erster Linie auf die schwerwiegenden Auswirkungen der Finanzierung von Energie aus Holzbiomasse in Serbien. Wir möchten jedoch auch darauf hinweisen, dass die vier in der ersten Phase des Projekts finanzierten Fernheizwerke eine Gesamtkapazität von 33,9 MW an fossilen Brennstoffen haben (14 MW Heizöl, 19 MW fossiles Gas), zusätzlich zu einer Biomassekapazität von 19,5 MW – und das in einem Land, in dem bereits mehr als drei Viertel der Fernwärme durch fossiles Gas erzeugt werden. Wir können nicht erkennen, wie dies im Rahmen eines staatlich finanzierten Projekts zur Klimafinanzierung gerechtfertigt werden kann.

Darüber hinaus deuten vorläufige Ergebnisse einer bevorstehenden Bankwatch-Studie über Biomassetrends in den westlichen Balkanländern auf einen Mangel an Holzbiomasse für neue Anlagen hin. Derzeit werden in Serbien jährlich fast 40.000 Tonnen Holzbiomasse in Fernheizwerken verbrannt, wobei der größte Anteil auf Holzhackschnitzel entfällt. Schätzungen zufolge beläuft sich das gesamte technische Potenzial der Biomasse in Serbien auf nur 399,7 GWh, was gerade einmal die Hälfte der Kapazität ausmacht, die zur Versorgung bestehender und bisher geplanter Biomasseheizwerke in Serbien benötigt wird. Die steigende Nachfrage nach Biomasse wird wahrscheinlich zu einer nicht nachhaltigen Abholzung der Wälder und einer Verknappung des Heizholzes für die lokalen Gemeinden führen, eine Praxis, die die KfW und ihre Finanzpartner:innen nicht unterstützen sollten.

Energie aus der Verbrennung von Waldholz ist nicht klimafreundlich

Über die Herkunft des Holzes, das in den vier bereits mit KfW-Mitteln gebauten Anlagen verbrannt wird, und über die zu erwartende Holzbeschaffung für neue Biomasse-KWK-Anlagen sind keine Informationen veröffentlicht. Da es sich nicht um Altholzanlagen handelt, gehen wir
davon aus, dass sie Waldholz beziehen werden.

Die CO2-Emissionen der Verbrennung von Holz sind pro Energieeinheit nicht geringer als die von Kohle. Wie in einem von 800 Wissenschaftler:innen unterzeichneten Brief aus dem Jahr 2018 hervorgehoben wird: “Selbst wenn die Wälder nachwachsen dürfen, wird die Verwendung
von Holz, das absichtlich für die Verbrennung geerntet wird, den Kohlenstoffgehalt in der Atmosphäre und die Erderwärmung über Jahrzehnte bis Jahrhunderte erhöhen – wie viele Studien gezeigt haben -, selbst wenn Holz Kohle, Öl oder Erdgas ersetzt. Die Gründe dafür sind grundlegend und treten unabhängig davon auf, ob die Forstwirtschaft ‘nachhaltig’ ist
“.

In ähnlicher Weise hat der wissenschaftliche Beirat der Europäischen Akademien (EASAC) gewarnt: “Da die Kohlenstoffemissionen pro Stromeinheit, die bei Energieerzeugung aus Waldholz freigesetzt werden, höher sind als die von Kohle, ist es unvermeidlich, dass die anfänglichen Auswirkung des Ersatzes von Kohle durch Waldbiomasse in Kraftwerken zu einem erhöhten Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre führen.

Der einzige Grund, warum Biomasse im Energiesektor als “kohlenstofffrei” behandelt wird, ist ein jahrzehntealter UNFCCC-Beschluss, demzufolge die mit Bioenergie verbundenen Kohlenstoffemissionen im LULUCF-Sektor und nicht im Energiesektor verbucht werden, um eine Doppelzählung dieser Emissionen zu vermeiden. Gleichzeitig war die LULUCF-Kohlenstoffsenke Serbiens im Jahr 2021 – als die jüngsten Regierungsdaten an das
UNFCCC übermittelt wurden – auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten.

Energie aus Biomasse konkurriert mit der Finanzierung von Wind-, Solar- und geothermischer Energie sowie mit Energieeffizienz, nicht mit fossilen Brennstoffen:

Serbien hat sich in seinem Nationalen Energie- und Klimaschutzplan verpflichtet, im Jahr 2030 mindestens 33,6% erneuerbare Energien einzusetzen, mit dem Ziel, 45,2% erneuerbare Elektrizität und 41,4% erneuerbare Energie für Heizung und Kühlung zu erreichen. In diesem Zusammenhang steht die Energie aus Biomasse in direkter Konkurrenz zu Wind- und Solarenergie sowie zu Wärmepumpen und nicht zu fossilen Brennstoffen. In Serbien macht feste Biomasse, d. h. Holz, bereits 85% der erneuerbaren Wärme aus, während Wärmepumpen/ Geothermie fast gar nicht genutzt werden. Die KfW-Förderung für mehr Biomasse im Wärmebereich verstärkt diesen bedenklichen Trend.

Die Ausweitung des serbischen Holz-Biomasse-Sektors gefährdet die Wälder und die Tierwelt:

Die Menge des illegal geschlagenen Holzes in Kubikmetern im Jahr 2022 wurde auf 21.180 m3 geschätzt, und der größte Teil davon wurde in Süd- und Ostserbien verzeichnet. Dies bezieht sich nur auf den Einschlag in staatlichen Wäldern. Es kann davon ausgegangen werden, dass der illegale Holzeinschlag in Privatwäldern weitaus häufiger vorkommt.

Nach dem Waldgesetz sind Waldbewirtschaftungsprogramme für Privatwälder vorgesehen, bei denen es sich in der Regel um kleinere Wälder mit einer Reihe von Miteigentümer:innen handelt. Bis zum Jahr 2022 war kein Waldbewirtschaftungsprogramm verabschiedet worden. Das Entwicklungsprogramm für die Forstwirtschaft, ein grundlegendes strategisches Dokument, das im Waldgesetz vorgeschrieben ist, wurde noch immer nicht angenommen.

Die Bereitschaft Serbiens, zwei für die Forstwirtschaft relevante EU-Normen umzusetzen – die FLEGT-Verordnung, die die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union regelt, und die EUTR-Verordnung, die den Handel mit Holz und Holzprodukten regelt – wird nach wie vor als gering eingeschätzt, und es gibt keinen angemessenen Rechts- und Verwaltungsrahmen für ihre Umsetzung.

Darüber hinaus hat sich Serbia Forests, eine öffentliche nationale Einrichtung, die sich für den Schutz und die Verbesserung der Wälder einsetzt, im Jahr 2022 als Energieunternehmen neu registrieren lassen und begründet dies mit der “steigenden Bedeutung von Pellets zum Heizen”.

All dies zeigt, dass die Wälder in Serbien ohnehin nicht geschützt sind. Es ist zu erwarten, dass ein weiterer, unweigerlich massiver und zunehmender Druck auf die Wälder den lebenden Waldgesellschaften schadet und katastrophale Folgen für die mit den Wäldern verbundenen Ökosysteme hat. Dies wird mit Sicherheit nicht zu einer Milderung, sondern zu einer Verschärfung der Klimaprobleme führen, mit denen wir bereits konfrontiert sind.
Industrielle Waldbiomasse führt zur massenhaften Zerstörung lebender Waldgesellschaften, die das gleiche Recht auf Leben und eine gesunde Umwelt haben, wie wir Menschen es für uns selbst erwarten. Wir lehnen daher den Ausbau der industriellen Waldbiomasse-Energie in
Serbien und der gesamten Westbalkan-Region entschieden ab.

Holzbiomassekessel halten die Luftverschmutzung aufrecht und können sie sogar noch verschlimmern:

Die KfW führt die Verringerung der Schwefeldioxid-Emissionen (SO2) als angeblichen Beweis dafür an, dass Bioenergie aus Holz “sauberer” ist als fossile Brennstoffe, ohne anzuerkennen, dass Fernwärme-Heizkraftwerke, die Holz verbrennen, pro Energieeinheit mehr Feinstaub (PM2,5) und mehr flüchtige organische Verbindungen ausstoßen als Kohle, Öl oder Gas. Von allen Luftschadstoffen wird PM2,5 mit der größten Gesundheitsbelastung und der höchsten Zahl von Todesfällen in Verbindung gebracht.

Wir hoffen daher, dass Sie Ihr Finanzierungsprogramm für Serbien überdenken und die Finanzierung weg von der Biomasse-Energie hin zu Energieeffizienz und wirklich sauberen erneuerbaren Energien umlenken werden. Wir möchten Sie auch bitten, die Einzelheiten der Vereinbarung zu veröffentlichen, die Ihre Bank kürzlich mit der serbischen Regierung unterzeichnet hat. Abschließend wären wir für ein Gespräch mit einem Vertreter oder einer Vertreterin der KfW dankbar.

Mit freundlichen Grüßen,

Nataša Kovačević, CEE Bankwatch Network
Zoe Lujic, Earth Thrive

Almuth Ernsting, Biofuelwatch
Jana Ballenthien, ROBIN WOOD